Nobody Knows
Rezensionen

RoterDorn.de – folKing around

Vor einiger Zeit landete das Album We Folk You der Stendaler Folk-Band Nobody Knows bei mir auf dem Schreibtisch. Darauf wurde frischer, origineller Folk geboten, vorgetragen mit viel Spielfreude, Enthusiasmus und einem Augenzwinkern. Mir gefiel das Album recht gut und so war ich sehr gespannt als kurz vor Weihnachten die Live-DVD folKing around bei mir im Briefkasten landete. Aufgenommen im September 2011 in der Feuerwache in Magdeburg spielt die Band hier ein kleines Konzert vor gut 120 geladenen Gästen und präsentiert einen kleinen Überblick über ihr mittlerweile 10jähriges Schaffen.

Einheitlich in schwarz und rot gekleidet betritt die sechsköpfige Band die Bühne und nimmt ihre Positionen ein, während Maximilian Heinrichs an den Keyboards mit langsamen und melancholischen Klängen das Intro einleitet. Erst nach einiger Zeit gesellen sich akustische Gitarre und Gesang dazu und gehen dann fast unmerklich in „Francois“ über, das die Geschwindigkeit merklich anzieht und bei dem das Publikum zuerst noch zögerlich, im weiteren Verlauf aber immer wilder hüpft und springt. Eher dem Folk amerikanisch-irischer Prägung entspringt dann das hauptsächlich von Violine und Banjo getragene Instrumentalstück „Titanic“, welches das recht hohe Tempo beibehält und auch dem Publikum sichtlich gefällt. Weg vom traditionellen Liedgut geht es dagegen mit dem grandiosen Cover des Cameo-Hits „Word Up“ aus den Achtzigern. Komplett mit einer kleinen Rap-Einlage und einem spektakulären Gitarrensolo ist dies für mich einer der Höhepunkte des Konzertes. Während „Creel“ solides Folk-Material bietet wird beim „Irischen Winterlied“ wieder das Tempo erhöht. Das Finale des Stückes besteht schließlich aus einem Fiedel-Duell zwischen Max Heckel, der mittlerweile sein Banjo gegen eine Violine eingetauscht hat und dem Geiger Georg Marth, während der Rest der Band für die passende Untermalung sorgt. Beim folgenden polkaähnlichen „Tanz!“ entern dann auch zwei Damen aus dem Publikum die Bühne und zeigen den restlichen Zuschauern um was es bei diesem Stück eigentlich geht. Spärlich instrumentiert, mit dem Schwerpunkt auf den akustischen Gitarren kommt die Vertonung des Heine-Gedichtes „Lorelei“ daher. Erst gegen Ende setzen auch die restlichen Instrumente ein und so bildet dieses Stück einen Ruhepunkt innerhalb des Konzertes. Danach wagt sich die Band an einen der Klassiker des amerikanischen Country: „Ring of Fire“. Zwar hat die Version von Nobody Knows nicht die Intensität des Originals, kommt aber dennoch beim Publikum gut an und braucht sich nicht zu verstecken. Die folgenden Stücke können dann eher wieder dem klassischen Folk zugeordnet werden bis es zu einem weiteren Ausflug in die Country & Western-Ecke kommt. Hierfür wagt die Band sich an „Ghost Riders“, meistert diese Aufgabe recht passabel und liefert für mich das zweite Highlight eines bisher rundum gelungenen Konzertes ab. Eine weitere ungewöhnliche Cover-Version legt die Band mit „Wish You Where Here“ vor, bei der die Ähnlichkeiten zum Original sehr überschaubar sind und das von einer Crowd-Surfing-Einlage gekrönt wird. Das Konzert neigt sich schließlich langsam seinem Ende zu und mit „McPherson“ und „Hans Bleib Da“ widmet sich die Band wieder dem traditionellen, althergebrachten Liedgut, auch diesmal wieder in einer sehr individuellen, schwungvollen Interpretation.

Außer dem Konzert findet sich auf der DVD noch ein gut zehnminütiges Making-Of, bei dem der Zuschauer hinter die Kulissen beim Aufbau und den Vorbereitungen für das Konzert blicken kann und das der Band nach dem Konzert auch noch in den Backstage-Bereich folgt. Ergänzt werden diese Impressionen durch Kommentare der Band und der beteiligten Techniker.

Zusätzlich zur DVD liegt dem Digi-Pack auch noch ein Live-CD bei, deren Tracklist annährend mit der DVD identisch ist, lediglich die beiden Stücke „Tanz!“ und „Mason's Apron“ haben es nicht auf den Silberling geschafft, dafür gibt es statt dessen den „Lindenbaum“ zu hören. Allerdings muss der Hörer hier fast vollständig auf die Kommentare und Überleitungen zwischen den einzelnen Stücken verzichten, was schade ist. Abgerundet wird die Ausstattung noch von einem kleinen Booklet, das neben einigen Konzertfotos und Bildern der einzelnen Mitglieder ein wenig erläuternden Text zu Band und Konzert enthält.

Selbst ohne große Plattenfirma im Rücken zeigen Nobody Knows, dass es mit Spielfreude, Einsatz und einigen Helfern möglich ist eine großartige und recht professionelle Live-DVD zu produzieren. Sowohl Ton- als auch Bildqualität gehen völlig in Ordnung und machen auch auf einer größeren Anlage nicht so schnell schlapp. Eine großartige Bühnen- und Lichtshow gibt es zwar nicht zu sehen, aber das ist bei Folk-Bands sowieso eher unüblich, lieber lassen die Musiker ihre Instrumente und die Stimmung für sich sprechen, selbst wenn es sich beim Publikum ausschließlich um geladene Gäste handelt. Auch bei der Auswahl der Stücke zeigt die Band ein glückliches Händchen, mischen sie doch traditionelle Folk-Stücke mit Country-, Pop- und Rock-Titeln zu einer ausgesprochen abwechslungsreichen Mixtur, die tatsächlich für jeden Zuhörer etwas bietet. Die Interpretationen der einzelnen Stücke weichen teilweise erheblich von den schon bekannten Versionen ab und verleihen so dem ganzen Auftritt eine gewisse Spontanität, die der Zuschauer leider sonst bei vielen Bands vermisst.

Ein ausgesprochen gelungener Live-Mitschnitt, dessen einziges Manko die doch relativ kurze Konzertdauer ist, was aber durch die ebenfalls beiliegende Live-CD ausgeglichen wird.

Marcus Pohlmann , RoterDorn.de, 12.2011 (PDF)

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