Nobody Knows
Interviews

2. Interview mit Jens (celtic rock)

Max, danke dass Du Dir die Zeit nimmst, um mir ein paar Fragen zu beantworten!

Ich antworte mal nicht mit der derzeit virulent grassierenden Floskel „Dafür nicht“, sondern mit: Sehr gern und immer wieder, Jens!

In den letzten Jahren, vor allem nach euren legendären Weihnachtskonzerten habe ich immer wieder Stimmen gehört, die sagten: Wie schön wäre es, wenn Nobody Knows ein Weihnachtsalbum produzieren würden! Wie ist es nun dazu gekommen?

Das Problematische an saisonalen Alben ist eben, dass sie nur innerhalb einer bestimmten Zeit verkauft werden. Ein Album zu produzieren ist aufwendig und langwierig, so dass wir uns lange die Frage gestellt haben, ob es sinnvoll ist, ein Album zu produzieren, dass man, wenn alles gut läuft, an zwei Monaten im Jahr verkaufen kann. Natürlich muss sich eine solche Produktion auch immer rechnen, aber wir haben dennoch den Sprung ins kalte Wasser gewagt und hoffen nun, dass das sogenannte Weihnachtsgeschäft nicht abbricht, zumal ja unsere Weihnachtskonzertsaison erst ab Dezember eröffnet wird. Ausschlaggebend war sicherlich auch, dass uns so viele Leute nach den Konzerten gebeten haben, wir mögen dem Wunsch nach einer heimischen NK-Weihnachts-CD nachkommen. Nun bin ich guter Dinge, dass das Publikum unserer Konzerte nicht nur die NK-typische Weihnachtsstimmung mit nach Hause nimmt, sondern auch etwas, das sie daran erinnern kann.

Dieses Album ist eine Mischung aus Herbst- und Winterliedern, aber dennoch mit dem Schwerpunkt für Weihnachtssongs. Wie seid ihr zu dieser Zusammenstellung der Lieder gekommen?

Wir haben uns nicht zusammengesetzt und entschieden, dass 23% aller Lieder zeitlos sein muss, damit die 43% Weihnachtslieder auch zur Geltung kommen. Vielmehr ist Einiges spontan entschieden worden, was immer sehr durch die jeweiligen Präferenzen des Musikers, der grade im Studio war, beeinflusst wurde. Dass am Ende doch auch nicht-weihnachtliche Lieder mit auf dem Silberling gelandet sind, ist dem glücklichen Zusammenspiel von persönlichen Neigungen und Zufällen geschuldet. Dass bspw. „Schneeflöckchen“ heute so klingt, wie es klingt, liegt daran, dass ich auf dem Weg ins Studio im Radio einen Rapp gehört habe. Daraufhin habe ich mich entschieden, dass Stück eben nicht als klassische oder folkige Version aufzunehmen, sondern eben als gediegenes Stück, das viel Platz für kultivierten Textunsinn lässt.

Die Verpackung der CD ist rechteckig und etwas ungewöhnlich. Das Cover zeigt ein kleines Mädchen mit Hund vor einem großen Weihnachtsbaum in einer kindlichen Zeichnung. Das Booklet ist ein Augenschmaus, fröhlich, bunt und umfangreich gestaltet. Warum habt ihr euch auch bei der Verpackung und dem Büchlein so große Mühe gegeben?

Die Entscheidungen um das Cover sind bei diesem Album eines eigenen Kapitels würdig, weil wir uns sehr lange Zeit auf kein Motiv einigen konnten. Als wir uns dann auf ein Motiv geeinigt hatten, haben wir festgestellt, dass ebd. auf einem quadratischen Cover gar nicht richtig wirkt, also haben wir uns zu guter Letzt für das DVD-Format entschieden. Damit einher geht auch der Umstand, dass wir auf diesem Wege genug Platz hatten, das knallbunte Booklet mit vielen Reimen, Anekdoten und Bildern zu versehen. Ich habe eine gewisse Affinität zu Booklets und bin daher sehr glücklich, dass man, wenn man sich ein wenig Zeit nimmt, sehr viel in diesem Heft finden kann.

Das eigentliche Frontmotiv hat Thor, unser Bassist, gezeichnet. Dass der Weihnachtsbaum eben mehr ist als nur ein Weihnachtsbaum – schaut man sich nämlich die Spitze an, so sieht man dort die Wirbel eines Kontrabasses – ist langen und bisweilen konstruktiven Streitgesprächen zu verdanken. Auf dem Weg zum fertigen Cover haben wir also alle einige Haare gelassen, sind nun aber mit dem Resultat kollektiv zufrieden. So muss das sein.

An dieser Stelle möchte ich unbedingt Ronny Harbich danken, der das Cover für uns bearbeitet hat. Ich bin, was technische Dinge angeht, – sagen wir – zurückgeblieben. Bei der Arbeit mit Ronny konnte ich immer wieder eigene Impulse einbringen, indes er das Mögliche immer frei und kreativ umgesetzt hat. Schlussletztlich also ein Cover, das einem Suchbild gleicht, weil die Fülle der Details sich u.a. in den ca. 150 Arbeitsstunden Ronnys widerspiegelt.

Eigene Stücke, eigene Texte zu bekannten weihnachtlichen Melodien und eingebaute, zusätzliche Textpassagen, es wir gerappt und das norddeutsche Platt ist in einer Parodie zu hören. Wie sind die Ideen dafür entstanden?

Einiges war spontan, Vieles aber auch nicht. Die Plattdeutsche Version von „Oh, Tannenbaum“ hat Thor bspw. zum letzten Weihnachtskonzert mitgebracht, um den altehrwürdigen Lied ein wenig neuen Anstrich zu verpassen. Und weil allein die Texttransformation dafür als nicht ausreichend befunden wurde, habe ich halt noch einen Instrumentalzwischenteil geschrieben, der stilistische aus dem Bereich Gypsy-Folk stammt. Es hätte aber ebenso etwas Spanisches werden können. Als ich an diesem Titel gearbeitet habe, war mir einfach nach Zigeunermusik (Pardon, für diesen Ausdruck).

Der Schneeflöckchen-Rapp hat mich fast in den Wahnsinn getrieben, weil mir die Reime ausgegangen sind. Gott sei Dank lässt sich im Studio schummeln, weil ich den Text als Ganzversion bestimmt nicht aufgenommen gekriegt hätte. So konnte ich die einzelnen Passagen splitten – was man auf der Aufnahme nicht hört. Dass Bekanntes in vielerlei Hinsicht weiterverarbeitet wurde, liegt wohl am generellen Schaffensanspruch von NK. Natürlich hat tradiertes Musikgut etwas, das dazu geführt hat, dass es nicht vergessen wurde. Das heißt aber nicht eo ipso, dass die Lieder so gut sind, wie sie überliefert sind. So waren uns viele Stücke einfach nur ein Anlass, kompositorisch und lyrisch tätig zu werden, was am Ende zur Symbiose aus Bekanntem und Unbekanntem geführt hat. Das hat nichts mit Modernisierungsdrang zu tun, wiewohl man selbigen hier und da vielleicht rauszuhören meint.

Auf dem Album erklingen nicht nur traditionelle Lieder, ihr habt auch eigene Kompositionen eingespielt und auf den Datenträger verewigt. Fällt es euch leicht, Texte zu schreiben und die Musik dazu zu komponieren? Wie sind eure Stücke entstanden?

„Leicht fallen“ klingt so sehr nach „Begabung“ à la „man muss nichts dafür tun“. In dieser Interpretation ist es uns nicht leicht gefallen. Ich kann aber auch nicht sagen, dass wir tagelang an einem Stück gesessen haben und analytisch probiert haben, welcher Akkord hier moduliert werden könnte und welcher Taktbruch dort für eine prosodische Einheit sorgen könnte. Wir machen zugängliche / intuitive Musik – und so entsteht auch vieles. „Morgen, Kinder“ habe ich bspw. als etwas befremdlich empfunden: Welches Kind ist denn unendlich dankbar, dass seine Eltern die Stube schön herrichten? Welches Kind wartet denn gern auf den 24.12.? Ich für meinen Teil habe das nicht leiden können. Ich wurde dann raus geschickt – spielen, damit die Zeit schneller vergeht. Und genau das wollte ich auch in meinen zwei Strophen von „Morgen, Kinder“ wiederfinden: Es ist die Ungeduld, die die Vorfreude dominiert. Es ist nicht das vorfreudige Harren, sondern das ungeduldige durch-den-Türschlitz-Gucken, das die Weihnacht ausmacht. Und weil eben nicht alles so rosig ist, wie es der ursprüngliche Text suggerieren mag (der im Übrigen in Dur erklingt), sondern durchaus auch die Nerven gespannt sind, habe ich meinen Textanteil in ein ungeduldiges Moll verpackt. Es ist also immer eine Mischung aus Intuition, bewusster Komposition, aber auch glücklichen Zufällen, wenn wir bspw. bei einer unserer wenigen Proben mal ein wenig in eine Session verfallen.

Tabiha Harzer hat musikalisch und gesanglich bei der Produktion der CD mitgeholfen. Sie steht immer wieder bei Konzerten mit auf der Bühne und fügt sich wunderbar in das Gesamtbild – Nobody Knows – ein. Wird sie einmal festes Mitglied der Band oder bleibt sie Gastmusiker?

Tabi wird auch weiterhin Gastmusikerin bleiben. Bei den Weihnachtskonzerten wird sie mit uns auftreten, aber das macht bspw. Dietrich Eichenberg auch schon seit Jahren. An beide möchte ich hier meinen Dank aussprechen, weil sie uneigennützig und mit viel Sinn fürs Detail bei unseren Konzerten mitwirken und das Album “Morgen, Kinder, und übermorgen auch“ zu dem gemacht haben, was es heute ist. Dietrich wikt ja dann und wann auch bei Folk-Auftritten mit, Tabi wird wahrscheinlich eher fürs Lyrische mit uns die Bretter der Welt entern. Zudem wird sie ab 2014 auch mit dem Trio Chapeau zu hören sein – dazu aber später vielleicht mehr …

Was gibt es Neues bei Nobody Knows? Habt ihr in der Zukunft geplant, oder gibt es neue Projekte?

Projekte gibt es immer, denn Stillstand bedeutet den Tod. Am 30.08.2014 wird es bspw. wieder das Festival „Folk! in die Nacht“ geben. Außerdem sind wir im Frühjahr des nächsten Jahres wieder im Studio, auf dass endlich wieder ein Folk-Studio-Album rauskommt. Wir produzieren jedes Jahr eine CD: 2013 das Weihnachtsalbum, 2012 das Lyrikalbum, 2011 Live-DVD und –CD, usw.! Nun ist es wieder mal an der Zeit im Studio ein Folk-Album zu machen! Außerdem wird es 2014 auch ein Projekt zwischen Nobody Knows und dem Theater der Altmark geben, das im Juni Premiere feiert. Darauf bin ich schon sehr gespannt, weil wir seit Jahren immer nur mit Blickkontakt Arrangements entstehen lassen. Bei einem solchen Projekt werden wir wohl nicht umhinkommen, uns an feste Absprachen (den Ablauf betreffend) zu halten. Und dann gibt es da noch Gedanken für dies und jenes … denn alle Routine ist der Todfeind des Kreativen. Ein bisschen jedenfalls.

Danke für deine Antworten!

An dieser Stelle möchte ich mich besonders bei Max Heckel, für die Beantwortung der Fragen und die Zeit, die er sich genommen hat, bedanken! Ich wünsche allen eine besinnliche, fröhliche Adventszeit und kauft die CD!

celtic rock – Jens Peglow, (11/2013) (PDF)

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02.08.2023, 01:56
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