Nobody Knows
Interviews

Interview mit rockkultur.net

Hi Max! Danke, dass du dir die Zeit nimmst unsere Fragen zu beantworten. Als erstes natürlich Gratulation zur neuen DVD/CD „folKing around“.

Max: Besten Dank – im Namen der ganzen Band natürlich!

Ich würde sagen, bevor wir uns der dem „folKing“ zuwenden, sollte man Nobody Knows nochmal kurz vorstellen. Wer seid ihr, wer sind die Musiker, wer spielt welche Instrumente und wie lange gibt es schon? Die ganze Geschichte bitte („haha“).

Max: Mit mir gibt es Nobody Knows schon seit zwölf Jahren. In den ersten zwei / drei Jahren wurde viel durchgewechselt, was wahrscheinlich auch dem damaligen Durchschnittsalter von 13 Jahren geschuldet war. Vor neun Jahren kam dann Georg dazu, der seither überwiegend an der Geige zu hören ist. Daneben muss natürlich auch Gitarre abfallen, damit ich hin und wieder auch mal an mein Lieblingsinstrument darf. Ein knappes Jahr später kam Maxx mit dazu – und brachte nebst seines E-Pianos einige Keys-Sounds mit. Im gleichen Jahr kam auch Jule mit in die Band, die uns Ende des letzten Jahres verlassen hat. In dieser Formation gab es uns dann bis Anfang 2011. Da sich die Band meines Vaters Ende 2010 auflöste, kamen er und der Bassist der Vorband mit zu uns. Mein Vater, Ronny, spielt (Lead-)Gitarre, Mandoline und Mundharmonika. Thor, unser Bassist, spielt außerdem noch diverse Flöten und Schalmei. Anfang dieses Jahres stieß dann Aron zu uns, der momentan noch zu Schule geht. Dadurch haben wir eine Altersspanne in der Band, die sich – mit über 30 Jahren – schon sehen lässt. Aron spielt außerdem noch Parcussion, Djembe und Cajon. Und zu guter Letzt dann also auch noch ich – mit Geige, Banjo, Gitarre und in Bälde endlich auch: Bassbalalaika. Letztere habe ich mir zu Weihnachten gewünscht, aber der Weg von Rumänien bis nach Stendal dauert leider ein wenig. Dazu kommt dann natürlich noch der Gesang von allen! Die Geschichte von Nobody Knows lässt sich kurz so umschreiben. Neun Jahre lang alles laufen lassen und relativ viele Auftritte im Kreis absolvieren. Die letzten Jahre haben wir dann angefangen, uns etwas umzuschauen, um mal weiter raus in die Welt zu kommen, was zunehmend auch gelingt. Außerdem haben wir einige Alben, Singles und Musikvideos produziert, dies aber alles vornehmlich in den letzten drei Jahren. [Bei Bedarf auch noch was zu den Alben?]

Auch wenn man Interna nicht spricht, interessiert mich „wo ist Jule eure Frau an den Drums“? Sie war zwischen all den Jungs ein guter Kontrast und Gegenpol!

Max: Julia hat sich Ende des letzten Jahres relativ kurzfristig und überraschend von uns verabschiedet. Grund dafür waren die zunehmenden Differenzen ihrer Ausbildungsarbeitszeiten und unserer Auftritte. Wo sie ist? Sie ist jetzt in Stendal und wird da ihre Ausbildung fertig bringen – und mehr weiß ich momentan leider auch nicht.

Na ja, der Blick geht nach vorn, kommen wir also auf „folKing around“ zu sprechen. Versuche bitte mal zu beschreiben was der Hörer und Zuschauer zu hören bzw. sehen bekommt!

Max: Schlussletztlich ist „folKing around“ dasjenige Album, das unserer stilistischen Selbstverortung am gerechtesten wird. Man hört als Nobody-Knows-Sound, will sagen: „postmoderne, bundesrepublikanische Folklore mit nordwesteuropäischer Note und ostokzidentaler Rhythmik.“ Die meisten können damit nicht viel anfangen – und das ist auch gut so. Es geht uns nicht darum, uns stilistisch festzulegen, sondern offen für alles zu bleiben. Ich habe selbst auch keine Lust, immer und immer wieder das Gleiche zu spielen und daher behalten wir uns vor, das zu machen, wohin es uns grade verschlägt. Aufgedröselt heißt das etwa: Irische, deutsche und französische Folklore, ein wenig Polka, etwas Country, ein wenig klassische Musik und ein großer Anteil eigener Kompositionen. Wichtig war bei „folKing around“, dass das Miteinander mit dem Publikum zum ersten Mal festgehalten wurde. Jedes Studioalbum – jedenfalls diejenigen, die ich kenne – krankt daran, dass dem Ganzen immer ein wenig das Live-Feeling fehlt. Das lässt sich vermöge eines Live-Albums (CD und DVD), sowohl akustisch als auch optisch recht gut umgehen. „folKing around“ sollte vornehmlich die stilistische Vielfalt und das Gefühl eines Live-Auftrittes festhalten – und ich denke / hoffe, dass uns das ganz gut geglückt ist.

Im Laufe der Zeit hat sich ein etwas andere Nobody Knows Stil etabliert. Ist diese Musikrichtung im Laufe der Jahre wichtiger für euch geworden und warum gab und gibt es diese Entwicklungen bei Nobody Knows?

Max: Wie bereits gesagt, habe ich – bzw. haben wir – keine Lust, uns stilistisch festzulegen. Das ist nicht selten problematisch, weil bspw. bei Bewerbungen oft gesagt wird, „das ist weder Fisch noch Fleisch“. „Wir wollen entweder reinen irish Folk oder ähnliches.“ Ich denke, dass sich jedermanns Musikgeschmack, wenn man nicht vollkommen engstirnig ist, im Laufe des Lebens wandelt, und da wäre es nahezu grotesk, wenn man das nicht auch umsetzen würde. Ich selbst kann mir nicht vorstellen, zunehmend fernab meiner eigenen musikalischen Vorlieben, selbst Musik zu machen. Anfangs haben wir nur irische Instrumentalmusik gemacht – und das war seiner Zeit auch schön so. Dann haben wir zunehmend deutsche Vokalmusik mit einbezogen – und auch das hat uns gefallen. Irgendwann kamen dann die Vertonungen lyrischer Klassiker hinzu – warum also die nicht auch noch mit rein?! Es ist keine bewusste Entscheidung, wohin wir uns entwickeln, sondern vielmehr eine Art Selbstläufer. Ich mag den Satz „Wir wollen keinen Folkpurismus betreiben“ – zum einen, weil er so schön klingt, zum anderen, weil er unsere Einstellung zur Musik sehr gut transportiert. Und wer weiß, wohin es uns in den nächsten Jahren verschlägt …

Was hat es mit „postmoderner, bundesrepublikanischer Folklore mit nordwesteuropäischer Note und ostokzidentaler Rhythmik“ auf sich? Ich weiß ja, dass du sehr sprachaffin bist, aber wir kommt man zu solch einer Formulierung?

Max: Grundsätzlich ist natürlich zu konstatieren, dass eine solch exaltierte, stilistische Verortung meiner Xenologophilie geschuldet ist. ;) Nein, aber im Ernst: Es geht eben nicht darum, den Leuten von Vornherein zu sagen, dass sie dies und das erwartet, sondern darum, einfach Verwirrung zu stiften – oder vielleicht auch neugierig zu machen. Wir haben für das Ganze noch eine kürzere Beschreibung, nämlich „FunFolk & Polka“. Da fehlt aber einiges, obschon es das Spaßelement schon betont. Aber grundsätzlich weiß man mit FunFolk auch nicht mehr anzufangen als mit „postmoderner …“ – nur dass es eben nicht so toll klingt. Wenn man dann im Gespräch versucht, seinem Gegenüber zu erklären, was wir eigentlich machen, dann ist nicht selten festzustellen, dass man sich immer wiederholt und dass es einige Punkte gibt, die man nicht unerwähnt wissen möchte: Dazu gehören halt die Polkarhythmik, der irisch-(französische) Instrumentaleinschlag (nordwesteuropäisch) und schlussletztlich die zu einem großen Anteil deutschen Texte (bundesrepublikanisch). Vielleicht finde ich dass – wenn ich mal groß bin ;) – albern, aber bisher gefällt es mir noch. Und die Kollegen haben eigentlich auch nichts dagegen, weil es ja grundlegend alles nennt, was wir machen.

Nobody Knows sind in der Folk Szene mittlerweile einigen Leuten ein Begriff, dennoch beschränken sich eure Konzerte im Wesentlichen auf eine sehr spezielle Region und in der breiten Öffentlichkeit seid ihr meiner Meinung nach noch nicht vollständig angekommen. Umso erstaunlicher war es für mich, dass ihr jetzt eine DVD produzieren wollt. Wie kam es zu dem Entschluss jetzt eine DVD aufzunehmen? War es der Wunsch der Fans oder hattet ihr einfach Bock auf so eine Sache?

Max: Die Entscheidung fiel unter mehreren Gesichtspunkten: Klar, zu allererst wegen der Leute, die uns immer begleiten, und die festgestellt haben, „wir brauchen euch unbedingt mit Live-Feeling zu Hause“. Wichtig war aber auch, dass man mit einer solch aufwendigen Produktion auch von sich reden macht. Es ist natürlich schicker, wenn man bei Youtube nicht nur wacklige Handyvideos findet, sondern auch was Vernünftiges. Des Weiteren bewerben wir uns ja auch viel, bspw. bei Festivals, und wie könnte man sonst einen adäquaten Eindruck hinterlassen als mit einer tatsächlichen Live-Referenz?! Zu guter Letzt ist „folKing around“ aber auch eine Angelegenheit unseres Selbstanspruches geworden. Wir hätten die DVD auch mit „nur“ vier Kameras aufnehmen (lassen) können, aber schlussletztlich haben wir uns für ein Höchstmaß des uns möglichen entschieden! Es wird dann alles zum Selbstläufer – Wo lässt man bspw. ein Album mastern? Wir hätten uns für ein Standardmastering-Studio entscheiden können – und es wäre den meisten wahrscheinlich auch nicht wirklich aufgefallen. Aber als wir schon mal dabei waren, haben wir uns entschieden, auch da nicht zu sparen. Schlussletztlich hat uns das Gesamtprojekt fast in den finanziellen Ruin gestürzt, aber mittlerweile haben wir uns wieder halbwegs erholt. In Konsequenz hieß das, dass wir nichts mehr ausgezahlt haben, so dass jede Gage in die DVD floss. Aber immerhin mussten wir kein Geld aus eigener Tasche reinstecken, was für uns auch nicht anders handhabbar war. Mit haben die Gagen in den Wintermonaten wirklich gefehlt … aber nun ist es ausgestanden!

Die Gestaltung der DVD wirkt von außen sehr kindlich. Wieso fiel die Entscheidung auf dieses kindliche Thema? Hat das Ganze eine bestimmte Botschaft - die Lieder sind im direkten Sinne ja nicht als Kinderlinder zu erkennen?

Max: Man sieht sich schnell dem Vorwurf gegenübergestellt, man schätze sich selbst zu hoch. Auf der Vorderseite des Covers steht ja, weil wir unbedingt ein Wendecover haben wollten, nur „folKing“. Auf der Rückseite dann „around“, so dass der Gesamttitel nur dadurch deutlich wird, wenn man beide Seiten betrachtet und als Einheit begreift. Dann erkennt man, dass wir ein Haufen Musiker sind, die sich stilistisch zwischen den Ländern bewegen – und nichts anderes wollten wir. „folKing around“ im Sinne von „umher und durch die Welt folkend“. Da nun aber auf der Seite nur das „folKing“ zu lesen ist, mag man uns schnell unterstellen, wir würden uns als „Folkkönige“ bezeichnen. Um dem entgegenzuwirken, haben wir uns für das Motiv entschieden! Außerdem war es auch an der Zeit, mal ein freundliches Cover zu entwerfen. Ich will nicht sagen, dass unsere Musik infantil ist, denn ich denke, damit täten wir uns Unrecht, aber wir machen einfache, leicht eingängige Musik. Wir wollen nicht die Welt verändern, sondern einfach vor, vor allem aber mit dem Publikum Spaß haben. Dieser Anspruch ist, gemessen an dem, was bspw. politische Musik will, eher kindlicher Natur. Und – um ehrlich zu sein – wurde auch das zum Selbstläufer. Irgendwann, nachdem die ersten Skizzen fertig waren, gefiel mir der Gedanke einfach, das Cover einfach wie ein Kinderbuch aufzuziehen!

Ich schätze Nobody Knows und jeden einzelnen Musiker als extrem talentiert ein. In meiner Wahrnehmung, gerade aus den persönlichen Gesprächen heraus, wirkt ihr sehr fokussiert, was eure Musik und den zunehmenden Erfolg angeht. Ist die DVD Produktion vielleicht ein nächster Schritt mit gewissem „Kalkül“?

Max: Ich denke, es wäre sinnlos, wenn man behauptete, eine DVD für so viel Geld zu produzieren und zu sagen, „ach was soll’s. War ne nette Erfahrung.“ Jetzt wo klar ist, wie teuer die DVD-Produktion tatsächlich war, hoffen wir natürlich alle, dass wir dadurch auch „bessere“ Auftritte kriegen, will sagen, möglichst auch mal vor mehr Leuten auftreten. Es ist aber vollkommen ausgeschlossen, dass wir durch den Verkauf der DVDs / CDs das Produktionsgeld wieder einfahren werden. Selbst das Pressen von diesem Doppelpaket ist erheblich teuer als das einer einfachen CD. Wir wollten die DVD und haben sie gemacht. In diesem Sinne sind wir wirklich fokussiert. Aber zu sagen, dass durch die DVD der große Durchbruch kommt, wäre vermessen – und dafür sind wir leider zu wenig „Utopisten“ in der Band. Trotz aller finanziellen Probleme war die Erfahrung der Produktion absolut einmalig – und wenn wir das Geld hätten und die Kollegen auch Lust darauf, würde ich am liebsten gleich die nächste Live-Produktion anschließen. Aber leider ist dem nicht so. Kalkül ist also insofern nicht ganz zutreffend, als dass wir zwar die Hoffnung haben, dass sich etwas verändert, uns aber dennoch klar ist, dass dazu viel mehr als „nur“ eine solche Produktion vonnöten ist. Man sollte bspw. nicht die Macht des Zufalls unterschätzen …

Ich persönlich als Musikbeobachter finde, dass Professionalität und angestrebter kommerzieller Erfolg neben dem „richtigen Produkt Musik" nur durch ein hohes Maß an Verzicht, Mut und Fleiß zu erreichen ist. Wie viel Zeit nimmt mittlerweile das "Projekt Nobody Knows“ in eurem Leben ein?

Max: Das ist recht unterschiedlich, und lässt sich schwer zusammenfassen. Maxx und ich haben bspw. nebenbei noch sehr viel Aufnahmen für ein anderes Projekt gemacht. Außerdem haben wir auch einen Großteil der anfallenden Nachaufnahmen gemacht. (Nachaufnahmen waren bspw. bei Banjo, Kontrabass und Violine vonnöten, weil es am Aufnahmetag Mikrofonierungsprobleme gab.) Die „Logistik“ nimmt einen mittlerweile erschreckend hohen Anteil der Bandarbeit ein. Um einiges zu nennen: Steuer, GEMA, Rechnungen, Versand, usw. Das machen meine Frau und ich. Dazu kommt, dass wir alle an Bewerbungen arbeiten, d.h. jeder von uns bewirbt sich. Damit nichts doppelt läuft, muss natürlich einer die Fäden zusammenführen, und da bin ich dann wieder das Nadelöhr. Letztes Jahr hatte ich fast keine Zeit, um mich kreativ auszuleben. Dieses Jahr sieht es bisher noch nicht anders aus, aber ich hoffe das Beste. Immerhin kommen wir ja in erster Linie zusammen, um Musik zu machen, und nicht, um uns mit Finanz- und Steuer… umherzuplagen. Mein Vater und Thor arbeiten ja, d.h. sie haben feste Arbeitszeiten. Wir anderen studieren – bis auf Aron, der muss noch zu Schule – d.h. wir können, was die Zeiten anbelangt, etwas freier planen. Jeder von uns muss über die Woche neue Stücke üben – und dann gibt es ja auch nur unsere Homepage, die erfreulicher Weise ein sehr guter Freund von uns übernimmt. Das ist eine Entlastung, die gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. In Stunden kann ich deine Frage leider nicht beantworten. Als die DVD produziert wurde, war ich fast zwei Wochen in Berlin – zu Schnitt und Nachaufnahmen. Jetzt ist es natürlich etwas ruhiger. Aber von einigen Stunden am Tag kann man wohl ausgehen …

Wie weit würdet ihr gehen um Nobody Knows kommerziell erfolgreich zu machen? Studium, Jobs usw. sind aus vernünftiger Sicht notwendig. Würdet ihr das aufgeben, wenn plötzlich kommerzieller Erfolg in Sicht wäre, z.B. durch eine große Plattenfirma oder ähnliches?

Max: Abermals eine Frage, die ich eigentlich nur für mich beantworten kann. Ich würde sofort Ja sagen, wenn ich die Chance dazu hätte. Wenn ich nach meinem Staatsexamen die Wahl haben sollte, mich zu entscheiden, ob ich jeden Tag zur gleichen Zeit zum gleichen Ort fahre, um dort zu lehren, oder ob „frei“ Musik machen könnte, dann fiele mir die Entscheidung nicht schwer. Thor und Ronny haben ja schon Arbeit, d.h. denen würde diese Entscheidung sicherlich schwerer fallen. Da das aber nicht zur Debatte steht, haben wir das so konkret auch noch nicht thematisiert. Ich weiß aber, dass es mein (vielleicht nicht ganz utopischer) Traum ist.

Fiktive Frage: Denkst du, dass jeder einzelne Musiker risikobereit genug wäre, um solch einen Schritt zu wagen? Denkst du, dass ihr als Band gefestigt genug seid um solche Entscheidungen und mögliche Meilensteine zu meistern?

Max: Da muss ich leider wie bei der Vorfrage antworten. Wir sind zwar als Band eigentlich so etwas wie eine Familie, d.h. wir haben ein ausgesprochen wundervolles Miteinander, aber diesen Punkt haben wir so konkret noch nicht thematisiert. Und im Ernst: Wie wahrscheinlich ist es, dass jemand bei uns anruft und fragt: „Hey, ich habe hier ein wunderbares Auskommen. Wollt ihr nicht lieber nur noch Spaß haben und auf euer bisher „philisterhaftes“ Leben verzichten“? ;)

Wir haben letztens bei einem Konzert in Pforzheim schon ein wenig über die Produktion der DVD gesprochen. Du hast damals ein paar Zahlen genannt, die wir hier natürlich nicht erwähnen werden. Denkst du, dass sich die Investition in die DVD rentieren wird, war schließlich nicht ganz billig das gute Stück?

Max: Über den direkten Verkauf wird sich die DVD als solche nicht rentieren. Die CD für sich genommen, ist nicht das Problem, weil wir diese Kosten im laufenden Jahr relativ schnell reinbekommen werden. U.a. war die DVD ja aber auch als Werbemedium gedacht – und als solches lässt sich ihr Erfolg ja schwerlich unmittelbar mit den entstandenen Kosten verrechnen.

Das können wir gleich aufgreifen und über die Ziele von Nobody Knows sprechen. Ihr als Band seid mit diversen Shows unterwegs. Da gibt es eure normale Show mit dem aktuellem Titel „folKing around", aber auch die "Lyrik im Anzug". Ich denke, Vielfalt erhöht Chancen. Wenn man einen "Nobody Knows - Businessplan“ aufstellen würde, was wären dann die angestrebten Ziele in den nächsten Jahren? Wie sehr ist Nobody Knows als Produkt, als Marke, als kleine Firma schon durchgeplant?

Max: Geplant sind folgende Dinge: 1. Wir werden weiterhin mehrere Programme machen, und das nicht, weil es die Chancen auf den großen Durchbruch erhöht, sondern weil es einfach Spaß macht. In unserem Programm „Lyrik im Anzug“ geht es sehr ruhig daher und wir packen bisweilen auch sensiblere Themen an – aber das nur am Rande. 2. Wir werden uns weiterhin bewerben, um mehr von der „Welt zu sehen“. Wenn wir bspw. bei dir um die Ecke in Pforzheim spielen, fahren wir pro Fahrt fast acht Stunden. Und dass nicht, weil die Gage so exorbitant hoch ist – sie ist auch nicht niedrig, das wollte ich nicht sagen – sondern, weil wir uns im Irish Pub bei Jan und Co. einfach wohl fühlen. Wenn man Nobody Knows als Produkt sehen will, dann würde ich mich freuen, wenn bei den Leuten hängen bliebe, dass wir eben nicht nur eine Sache machen, sondern viele. Und dass wir, wenn wir etwas anpacken, immer mit größtmöglicher Detailverliebtheit und Engagement dabei sind. Das angestrebte Ziel wäre – jedenfalls für mich – natürlich, davon leben zu können … aber ich kann nicht sagen, wie viele Faktoren das beeinflussen. Und nebenbei muss jeder von uns auch noch einen Alltag bestreiten, der leider nicht allein musischer Natur ist. ;)

Meinst du, dass es Bands vor ein paar Jahrzehnten leichter im Musik-Geschäft hatten? Schließlich gab es kein Internet, keine MP3s, nur Sachen wie Tape-Trading.

Max: Ich glaube, dass es Bands heute genauso schwer haben. Klar, jeder kann ein Album aufnehmen, weil es in jeder noch so winzigen Stadt ein Studio gibt – und / oder weil man sich die Software mittlerweile halbwegs erschwinglich beschaffen kann. Früher, wenn mein Vater mir von seinen Anfängen berichtet, war das alles viel aufwendiger. Ich würde mal mutmaßen, dass du hin und wieder auch Alben kriegst, denen man anhört, dass das Studio nicht das beste war, oder?! Heute wird man einfach überschüttet: Jede Band macht zig Alben – und da schließe ich uns natürlich mit ein. Jede Band hat eine Homepage und tausende von Freunden bei Facebook. Mir fehlt oftmals das Intime bei dir inflationären Vermarktungskultur. Wir antworten bspw. immer, wenn uns wer schreibt – egal wo. Wenn ich wiederum bei Bands gleicher Größenordnung etwas auf Pinnwände schreibe, kommt immer seltener was zurück. Was soll das? Sind die vielen „Freunde“ nur da, damit etwaige Veranstalter sehen, dass die Band viel geklickt hat?! Was es früher zu wenig gab, gibt es heute wohl zu viel. Für mich ist es zum Beispiel immer ein Anzeichen von „ehrlicher Musik“, wenn man sieht, dass das Cover nicht nur ein tolles Foto ist, sondern dass man hinter dem Ganzen ein Konzept erkennen kann. Das muss nicht ins Auge fallen, muss nicht gefällig sein – aber in jedem Fall etwas Neues schaffen.

Mittlerweile reicht es ja kaum noch, eine Platte zu veröffentlichen. Das wirkliche Geld wird heutzutage mit Livekonzerten verdient. Siehst du das auch so und wann stehen ausgedehnte Touren an? Denkst du, dass solche Touren mit einem professionellen Booking oder einem starken Partner im Rücken für Nobody Knows möglich sind?

Max: Auf deine erste Frage kann ich auch nicht absolut antworten. Wir haben manchmal Auftritte mit relativ kleinen Gagen und verdienen dann „mordsmäßig“ am Verkauf von Merche vor Ort. Andersherum ist das gleiche Phänomen ausmachbar. Fest steht jedenfalls, dass allein eine gute Platte kein Garant für Erfolg bzw. ErfolK ist. Richtiges Touren kommt für uns vorerst leider nicht in Betracht, jedenfalls nicht, so lange wir das selbst organisieren müssen. Die „Altherren“ der Band müssten dafür extra Urlaub nehmen und der Rest müsste zumindest darauf bauen, dass grade Semesterferien sind. Aber ich denke, dass wir mit 60 bis 70 Auftritten im Jahr für eine Hobbyband schon ganz gut unterwegs sind. Unter einem professionellem Booking würde vieles möglich werden. Momentan sind Muggen, die sehr weit weg sind, insofern problematisch, dass der Fahraufwand in keiner Relation zum eigentlich Konzert steht. Das würde man ausräumen können, indem auf einer Route mehrere Termine hat. Das sinnvoll zu organisieren, bin ich momentan neben Studium und Familie jedoch nicht in der Lage.

Mal ganz investigativ und etwas provokativ gefragt: „Warum können Nobody Knows in zwei Jahren von ihrer Musik leben und wieso gehören sie dann zur Sperrspitze der Folkszene in Deutschland“?

Max: Und wieder mal habe ich mit „investigativ“ einen neuen Terminus Technicus gelernt! ;) Vielen Dank! Wenn ich die Frage etwas herunterbrechen darf, so ist es doch das Erkunden nach dem Element, das Nobody Knows zu etwas Besonderen macht, oder?! Ich denke, dass es – wenn es dieses Element gibt – die Kombination aus dem Vielfältigen ist. Das meine ich sowohl hinsichtlich unserer polyglotten (!) als auch stilistischen Verortung. Die Verbindung von Goethes, Heines oder Vogelweides Lyrik mit schottischen Klängen, einem Hauch von Cash, Mozart und Vivaldi meine ich, als Besonderheit unserer Musik ausmachen zu dürfen. Aber was meinst du?

Wenn man die Geschichte und die Referenzen von Nobody Knows verfolgt bzw. ein wenig verfolgt hat, dann fallen einige Auszeichnung und Produktionen auf. Auf diversen Plattformen gehört ihr zu den Favoriten der Leser, ihr habt Fernsehauftritte gehabt und diverse Förder- und Kulturpreise erhalten. Wie erklärt ihr euch diese Erfolge? Sind das einfach Produkte guten Marketings und vieler Bewerbungen oder die wirklich Wertschätzung von Kritikern und Partnern?

Max: Ich glaube, dass uns in vielerlei Hinsicht unsere klassische Ausbildung zugute kommt. Rein technisch betrachtet, gehören wir jedenfalls nicht zu den absoluten Amateuren unserer Szene. Dass wir viel Resonanz auf Plattformen kriegen, liegt sowohl daran, dass wir viele Leute anschreiben, schlussletztlich aber dann wohl eher an der Gefälligkeit unserer Musik. Wir sind, wie ein Großteil der Folkszene, leider nicht von dem Kaliber, dass sich Foren und Zeitschriften um unsere CDs reißen, aber wenn man die Leute darauf hinweist, sind die meisten dann doch nicht uninteressiert. Da wir auch schon einige „schlechtere“ Kritiken bekommen haben, führt mich zu der hoffnungsfrohen Annahme, dass es die restlichen Kritiker ernst mit uns meinen. Dass wir mal im Fernsehen waren, lag allerdings nicht daran. Das war einfach nur Glück, weil die Agentur eine Folkband in unserem Alter gesucht hat – und da gibt es ja – jedenfalls ohne E-Gitarren – glücklicherweise nicht so viele. Und bei Preisen macht es auch die Mischung aus Glück und Wohlgefälligkeit. Die meisten Preisvergaben sind relativ willkürliche Angelegenheiten. In einem Jahr wird man gar nicht wahrgenommen, im nächsten dafür hoch dekoriert. Ich finde das bisweilen befremdlich, freue mich aber natürlich über jede Form vom positiver Kritik. Nach den zweieinhalb Monaten Arbeit an „folKing around“ fühlt es sich einfach gut an, wenn man etwas „zurückbekommt“, da die meisten Leute ja doch nichts ins Gästebuch schreiben. Außerdem ist es immer fein, wenn man einen gediegenen Kommentar zur eigenen Arbeit kriegt.

Ich denke „Wertschätzung und Erfolg" sind gute Worte zum Schluss. Da muss man nicht mehr viel sagen. Ich bedanke mich für das Interview und wünsche natürlich viel Erfolg mit "folKing around“. Wir sehen uns dann im April wieder. Wird bestimmt wieder ein entspannter Abend im Irish Pub in Pforzheim. Bis dann!

Max: Ich danke auch vielmals! Die Kollegen lassen grüßen. Dir, Jessy und RockKultur natürlich auch nur das Beste und weiterhin viel ErfolK!

RockKulturMag, (01/2012) (PDF)

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